Malamini Jorbateh

master kora musician
Gambia


 

Vorbemerkung

Im Sommer 1987 habe ich meinen Urlaub im Boucarabou Hotel in Gambia verbracht. Vermittelt durch die Musikschule des Hotels war Malamini Jorbateh mein Kora-Lehrer. Von ihm habe ich vieles über Musik, Kultur und Gesellschaft in Gambia gelernt.

»Kora is like that« enthält Informationen, die ich von Malamini über die Kora und Jaliya bekommen habe.

»Kelefa«, »Yundum Ansumana« und »Masanneh Ceesay und Bakary Niominko« sind Lieder, die Malamini in seinen Konzerten singt. Die Texte in diesem Heft enthalten die Entstehungsgeschichten dieser Lieder. Malamini hat sie mir während des Kora-Unterrichts erzählt. Kebba Daffeh hat geholfen, die Geschichten von Mandinka ins Englische zu übersetzen und sie niederzuschreiben.

Wolfgang Witte

Inhalt:

Malamini Jorbateh - Kora is like that
Kelefa
Yundum Ansumana
Masanneh Ceesay und Bakary Niominko
 

 


 

Malamini Jorbateh - Kora is like that

Malamini Jorbateh ist ein Jali aus der Stadt Brikama in Gambia, West-Africa.

Sein Instrument ist die Kora, ein 21 saitiges Harfeninstrument. Der Klangkörper der Kora besteht aus einer halbierten Kalebasse, die mit Rinderhaut überspannt ist. Die Haut wird naß auf die Kalebasse aufgezogen und mit Polsternägeln befestigt. Die so entstandene Trommel wird waagerecht durch einen, senkrecht durch zwei Hartholzstäbe verstärkt. Die oberen Enden der senkrechten Stäbe dienen zum Halten des Instrumentes. Oben ist in die Kalebasse ein kleines Loch geschnitten, ebenfalls mit Nägeln verziert - hier hinein werfen die Zuhörer Geld, wenn ihnen die Musik gefällt, bzw. wenn ihr Name gesungen wird.

Durch die Kalebasse ist ein Hartholzstock geführt, der oben als Hals, unten als Fixpunkt zur Saitenhalterung dient. Die Saiten, hergestellt aus Angelschnüren, werden unten an einem geschmiedeten Metallring befestigt, der in den Hartholzstock eingelassen ist. Sie werden über einen Steg geführt und an geflochtenen Lederringen oben am Hals befestigt. Der Steg wird durch die 21 Saiten auf die Trommel gedrückt. Ein Polster zwischen Steg und Rinderhaut dient dazu, den Saitendruck zu verteilen. Die Lederringe am Hals der Kora sind verschiebbar und ermöglichen ein Stimmen der Saiten. Der Steg, über den die Saiten laufen, trennt diese in rechte und linke Saiten. So kann die Kora mit beiden Händen gespielt werden. Jede Hand spielt also zehn oder elf Saiten.

Die vier ersten linken Saiten sind Baßsaiten, sie werden mit dem linken Daumen angeschlagen und liefern die Baßbegleitung. Sie heißen:
Bakumba (deutsch: Familienoberhaupt) tiefe Oktave des Grundtones
Deborigo (sein jüngerer Bruder)  tiefe Dominante
Panchango (seine erste Frau)  tiefe Sextime
Kumary caun (sein zweiter Sohn)  tiefe Septime
Die erste Saite der rechten Hand, der Grundton, heißt Tinboñ, der erste Sohn. Die Namen der weiteren Saiten sind: Temanko (erste Tochter), Timboñ Dinkandauñ (letztes Kind), Kartodijoñ (Freunde der Familie). Die höchsten beiden Saiten heißen bluba low low und mara low low, das linke und das rechte Kind mit einer besonders kräftigen Stimme.

Malamini Jorbatehs Kora ist, abgesehen von den Baßsaiten, in Dur gestimmt. Grundton ist die erste Saite rechts, Sekunde die fünfte Saite links, Terz die zweite Saite rechts, Quarte die sechste Saite links usw. Die Kora umfaßt zwei Oktaven und vier Baßtöne.

Die Dur-Stimmung - es gibt auch andere - mag eine Ursache sein, daß Malaminis Kora für europäische Ohren vertrauter klingt als manch anderes afrikanische Instrument.

Die Lieder, die mir Malamini während der Workshops in der Boucarabou Musical School erklärt hat, handeln meist von einzelnen Menschen und ihrem Schicksal. Weiter hinten sind drei Geschichten solcher Lieder aufgeschrieben. Auf der Kassette »Malamini Jorbateh - Kora is like that« sind die drei Lieder enthalten.

An den Strophen der Lieder fällt auf, daß häufig der erste Vers eine Aussage macht, die im zweiten Vers wiederholt wird. Im dritten Vers wird diese Aussage dann erklärt oder kommentiert. Diese Form erinnert an die nordamerikanische Blues-Dichtung. Auch klingt die gezupfte Kora einer Ragtime-Gitarre nicht unähnlich. Es ist gut möglich, daß man in Malamini Jorbatehs Liedern auch einer sehr frühen Wurzel der modernen Rock- und Popmusik begegnet.

Jali - dies ist eine Mischung aus Musiker, Geschichtenerzähler, Geschichtsüberlieferer, Nachrichtenübermittler und Festredner. Traditionell sind Jalis wie Malamini Jorbateh einem oder mehreren Patronen verbunden, für die sie bei verschiedenen Anlässen spielen, z.B. bei Geburtsfeiern, Hochzeiten, religiösen Feiertagen, Begräbnissen usw. Hier sorgen sie für einen feierlichen Rahmen, z.B. indem sie Begrüßungslieder für die Anwesenden und Lieder zu dem betreffenden Anlaß singen.

Der Patron ist verpflichtet, zum Lebensunterhalt seines Jali beizutragen, indem er ihm Vieh, andere Güter und Lebensmittel oder auch Geld gibt. Nach diesem traditionellen Muster werden Jalis nicht pro Auftritt bezahlt, sondern stehen zu ihrem Patron bzw. ihren Patronen in einer dauerhaften Beziehung, in der beide Seiten langfristig miteinander verbunden sind. Patrone sind oft Personen, die zur Führungsschicht des Landes gehören und die wohlhabend genug sind, für einen Jali sorgen zu können. Wegen ihrer tiefen Kenntnis von Kultur, Geschichte und Gesellschaft ihres Landes sind Jalis auch als Ratgeber und als Vermittler in Konflikten zwischen verschiedenen Gruppen gefragt. Ein wichtiger Patron Malamini Jorbatehs ist Dembo Jatta, der Sprecher des gambischen Parlamentes ist. Neben diese traditionelle Form der Beziehung zwischen Jali und Patron ist in den letzten Jahren zusätzlich das auch bei uns bekannte Konzertwesen - Auftritt gegen Gage - getreten.

Um Jali zu werden, gibt es zwei Wege. Der erste ist die Überlieferung in der Familie; der Sohn eines Jali wird ebenfalls Jali. Malaminis Sohn, Ibraima, ist beispielsweise, zusammen mit seiner Band, ein in Gambia ebenfalls bekannter Musiker. Die zweite Möglichkeit ist, als Lehrling (»Jalingo«) in das Haus eines Jali einzutreten und dort eine bis zu zwei Jahre dauernde Lehre zu absolvieren. Seinen Lebensunterhalt verdient der Jalingo durch Mitarbeit im Haushalt oder auf dem Feld des Jali. Die Lehre wird beendet, indem der Jali seinem Schüler ein Instrument, von ihm selbst gebaut, übergibt. Der neue Jali besucht dann eine Reihe von potentiellen Patronen, spielt für sie und bekommt hierfür Geld oder andere Gaben. Mit diesem Geld bezahlt der junge Jali die Kora, die er von seinem Meister erhalten hat.
Malamini Jorbateh ist in den letzten zehn Jahren weit über Gambia hinaus bekannt geworden. Konzerttourneen führten ihn die UdSSR und nach Libyen, USA, England sowie in die BRD. 1985 nahm er in London die LP »Jaliya« auf (gemeinsam mit Dembo Konte).

 

Kelefa

Der Krieger Kelefa stammte aus Guinea-Bissau. Zu der Zeit, als er lebte, war West-Africa im Bürgerkrieg.

Einmal kam er nach Kabu, wo er für sein Kriegsglück betete. Als er weiterzog, stieß er auf eine Gruppe von etwa hundert Kindern. Er nahm sie gefangen und verkaufte sie auf dem Sklavenmarkt von Begeba gegen Schießpulver.

Als die Eltern der Kinder merkten, was geschehen war, war es bereits zu spät, um etwas zu unternehmen. Die Kinder waren verloren. Ein alter Mann schlug vor, dafür zu beten, daß Kelefa Unglück widerfahren solle, wenn er aus dem Kampf zurückkehre. So beteten sie.

Nachdem er die Kinder verkauft hatte, zog Kelefa nach Niyari in Gambia zum König Mansa Jelou Konko. Kelefa sprach zum König:
»Ich habe hier etwas zum Frühstück und zum Mittagessen. Willst Du mir etwas davon abkaufen?«
Mansa Jelon Konko fragte:
»Was willst Du mir denn verkaufen?«
»Die Kugel und etwas Schießpulver«, erwiderte Kelefa.
»Ich will nicht mit Dir kämpfen«, sagte der König. »Laß uns einen Vergleich schließen. Ich gebe Dir hundert junge Sklaven. Das ist alles, was ich Dir geben kann.«
»Behalte die Sklaven, wenn Du nicht kämpfen willst. Ich werde schon einen König finden, der mit mir kämpft«, sagte Kelefa.

Kelefa zog weiter zum König Wuli Mansa Jela Weelly. Ihm stellte er die gleiche Frage:
»Ich habe hier etwas zum Frühstück und zum Mittagessen. Willst Du mir etwas davon abkaufen?«
Wuli Mansa Jela Weelly fragte:
»Was willst Du mir denn verkaufen?«
»Die Kugel und etwas Schießpulver«, erwiderte Kelefa.
»Ich will nicht mit Dir kämpfen«, sagte der König. »Laß uns einen Vergleich schließen. Ich geb Dir hundert junge Sklaven. Das ist alles, was ich Dir geben kann.«
»Behalte die Sklaven, wenn Du nicht kämpfen willst. Ich werde schon einen König finden, der mit mir kämpft.«

Nachdem auch der König von Kian nicht mit ihm kämpfen wollte, zog sich Kelefa in das Dorf Tanculary zurück. Dort blieb er fünf Jahre.
Als König Mansa Demba Kotto aus Niomi hörte, daß der berühmte Krieger Kelefa sich nach Tanculary zurückgezogen hatte, ließ er ihn fragen, ob er ihm im Kampf gegen das Dorf Barria in Senegal helfen wolle. Kelefa ließ dem König ausrichten, daß er kommen würde.

Als Kelefa am Hofe des Königs eintraf, ließ Mansa Demba Kotto einen seiner Weissager rufen. Der König fragte nach Kelefas Zukunft. Der Weissager antwortete:
»Kelefa wird siegen. Er wird jedoch aus dem Kampf nicht zurückkehren.«
Daraufhin sprach der König zu Kelefa:
»Ich habe Dich rufen lassen, damit du mir gegen das Dorf Barria hilfst. Aber nun habe ich es mir anders überlegt. Ich möchte, daß Du in das Dorf Tanculary zurückkehrst.«
Kelefa fragte nach dem Grund.
»Wenn Du mit mir ziehst, wirst Du sterben. Du würdest nicht zurückkehren.«
»Wenn die Stunde meines Todes kommt, werde ich sterben.
Wenn sie nicht gekommen ist, werde ich nicht sterben.«
Kelefa wollte sich nicht vom Kampf zurückhalten lassen.

Unterdessen nahte der Tag, an dem der König Barria angreifen wollte. Weil er Kelefa nicht mitnehmen wollte, sandte der König Kelefa nach Banjul, um dort Steuern einzunehmen. Als Kelefa nach Banjul gegangen war, brach der König auf, um Barria anzugreifen.

Wenige Tage später kehrte Kelefa zum Hofe des Königs zurück. Als er eintraf, fragte er nach dem König. Die Leute antworteten: »Wir wissen auch nicht, wohin er gegangen ist.« Schließlich aber gelang es Kelefa herauszufinden, daß der König mit seinen Soldaten nach Barria unterwegs war. Kelefa beschloß, dem König zu folgen.

Er erreichte Barria, als die Kämpfe gerade begonnen hatten. Der König hatte das Dorf von einer Seite angegriffen. Kelefa griff die andere Seite an. Als Kelefa zu schießen begann, hörte der König die Schüsse.
»Wer schießt denn da?« fragte der König seine Leute.
»Das ist Kelefa«, erwiderten sie.
Als das Dorf nahezu besiegt war, wurde Kelefa durch eine Kugel getroffen. Er konnte gerade noch den König erreichen. Die Soldaten hoben ihn vom Pferd und legten ihn unter einem Baum auf den Boden.

Kelefa fragte:
»Was ist das für ein Baum?«
»Ein Sato-Baum«, wurde ihm geantwortet.
»Bringt mich bitte von diesem Baum fort. Er hat zu viel milchige Flüssigkeit. Ich will keinen Baum mit so vielen Tränen.«
Sie brachten ihn unter einen anderen Baum, einen Tabo.
»Was ist das für ein Baum?«
»Ein Tabo-Baum.«
»Bringt mich von diesem Baum fort. In solchen Bäumen spielen immer die Kinder. Ich möchte nicht spielen.«
Dann brachten sie ihn zu einem Jallo-Baum.
»Wie heißt dieser Baum?«
»Das ist ein Jallo.«
»Hier legt mich nieder. Dieser Baum schmeckt bitter, gleich, ob er im Wasser steht oder oben im Land.«
Kelefa starb.

Mindalo banda mindalo banda
Kelefaba la, mindalo banda
Hört auf Bier zu trinken, hört auf Bier zu trinken
Kelefa ist tot, hört auf Bier zu trinken.
 

 

 

Yundum Ansumana

Ansumana lebte in dem Ort Yundum, der zum Sabedy District gehört. In Sabedy sollte ein neuer Häuptling bestimmt werden. Ansumana war einer der Kandidaten. Außerdem bewarben sich Mambona Bojang aus Sabije und Bakary Kuto aus Brufut.

Jeder der drei Bewerber suchte einen Marabut auf, um einen Rat zu erhalten, wie er Häuptling werden könnte. Allen dreien wurde das Gleiche gesagt:
»Stifte dem District einen Esel.«

Ansumana aus Yundum hatte sich daraufhin auf den Weg nach Sabedy gemacht, um nach einem Esel zu schauen, den er geben könnte. Unterwegs traf er einen Reisenden, der ihm aus Sabedy entgegenkam. Nachdem sie sich begrüßt hatten, fragte ihn Ansumana, ob er etwas von Mambona Bojang oder von Bakary Kuto gehört habe. Der Mann antwortete:
»Mombona aus Sabije war gerade in Sabedy. Er hat dem District einen Esel gestiftet.«
Ansumana mußte sich setzen und begann zu schluchzen. Der andere fragte, was er denn habe.
»Mambona ist jetzt Häuptling«, antwortete Ansumana. Enttäuscht machte er sich auf den Heimweg.

Ansumana wurde zwar nie mehr Häuptling, stattdessen wurde er in Yundum ein reicher und mächtiger Mann. Die Leute aus Yundum jedoch mochten ihn nicht, weil sie eifersüchtig auf seinen Einfluß waren. Sie wollten ihn loswerden. So wandten sie sich an den Marabut Baba Dumbaya, damit er ihnen helfe. Der Marabut fertigte daraufhin einen Yuju an, den er ihnen gab, damit sie ihn heimlich in Ansumanas Gewehr stecken sollten.

Wenig später erhielt Ansumana Besuch. Als sein Besucher ihn verließ, begleitete ihn Ansumana ein Stück auf seinem Weg. Wie üblich nahm er sein Gewehr mit. Nachdem er seinen Besucher verabschiedet hatte, machte sich Ansumana auf den Rückweg. Unterwegs sah er eine Antilope. Ansumana nahm sein Gewehr von der Schulter, legte auf das Tier an und drückte ab. Der Gewehrlauf zerbarst und schlug gegen seinen Kopf. Ansumana fiel zu Boden.

Ein alter Mann, der in der Nähe war, hörte die Explosion. Er rief einige junge Männer herbei und schickte sie dorthin, woher der Knall gekommen war. Als sie Ansumana erreichten, fanden sie ihn in einer Blutlache liegen. Während sie ihn zu seinem Haus trugen, eilten immer mehr Menschen herbei, um zu sehen, was geschehen war.
»Sind alle Leute aus Yundum hier?« fragte Ansumana.
Es waren alle da.
»Ihr Leute aus Yundum, Ihr wollt mich nicht, Ihr haßt mich. Mein Leben geht nun zu Ende. Yundum aber soll sich zerspalten und auseinanderfallen.«

So kam es. Nach Ansumanas Tod zerfiel Yundum in viele einzelne Orte. Heute gibt es Old Yundum, New Yundum, Yundum Camp, Yundum Airport und Yundum Ba.

 


Masanneh Ceesay und Bakary Niominko

In Banjul, der Hauptstadt Gambias, lebte eine Frau, deren Name Fatou war. Sie wohnte noch bei ihren Eltern, war jedoch schon einem Mann, Bakary Niominko, versprochen. Er hatte bei ihren Eltern um ihre Hand angehalten. Nachdem Bakary den Eltern mitgeteilt hatte, welchen Brautpreis er zahlen wollte, stimmten sie der Heirat zu. Bakary kehrte in seine Stadt zurück, um die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. In der darauffolgenden Woche wollte er mit dem Geld zurückkehren, damit die Hochzeit vollzogen werden könnte.
Zur gleichen Zeit reiste ein Jalebah, ein Musiker und Geschichtenerzähler, durch Banjul. Zufällig sah er Fatou und war von ihrer Schönheit beeindruckt. Wenige Tage später kam er in den Ort Binten Bolong, wo Masanneh Ceesay, ein wohlhabender Kaufmann, lebte. Er erzählte diesem von der schönen Frau, die er in Banjul gesehen hatte. Vielleicht wäre sie die richtige Frau für Masanneh.

Masanneh Ceesay ließ sich von dem Jalebah überzeugen und machte sich auf den Weg nach Banjul. Bald nach seiner Ankunft fand er die beschriebene Frau. Der Jalebah hatte recht gehabt. Sie war wunderschön. Doch als Masanneh sie fragte, ob sie ihn vielleicht heiraten würde, mußte er erfahren, daß Fatou schon einem anderen Mann versprochen war. Es waren nur noch wenige Tage, bis die Heirat stattfinden sollte. Masanneh erwiderte:

»Wenn Du mich heiratest, werde ich mehr für Dich geben als der andere. Ich verspreche Dir und Deinen Eltern jeweils eintausend Delasi.«

Fatou und ihre Eltern nahmen Masannehs Angebot an. Am darauffolgenden Tage fand die Heirat statt. Wenig später reiste Bakary Niominko, der von alldem nichts ahnte, gemeinsam mit seinen Freunden nach Banjul, um Fatou zu seiner Frau zu machen. Am Gambia-Fluß, den sie noch überqueren mußten, trafen sie einen Reisenden, der gerade aus Banjul kam. Nachdem sie sich begrüßt hatten, er zählte der Mann, was sich in der Stadt ereignet hatte. Eine wunderschöne Frau namens Fatou hatte einen wohlhabenden Kaufmann aus Binten Bolong geheiratet. Bakary war entsetzt. Konnte es möglich sein, daß Fatou jemanden anderes geheiratet hatte? Vielleicht gab es ja noch eine andere Frau mit diesem Namen. Bakary bat seine Freunde, auf ihn zu warten. Er wollte zunächst allein nach Banjul gehen, um zu sehen, was es mit der Nachricht auf sich habe.

Im Hause von Fatous Familie angekommen, fand Bakary einen fremden Mann, der auf Fatous Bett saß. Nachdem sie die üblichen Begrüßungsformeln ausgetauscht hatten, fragte Bakary, wie der andere hieße.
»Mein Name ist Masanneh Ceesay. Wie ist Deiner?“
»Ich heiße Bakary Niominko.
Die Frau, die Du geheiratet hast, ist mir versprochen. Sie ist meine Ehefrau.«
Masanneh Ceesay erwiderte:
»Ich habe zwar eine Frau geheiratet, aber nicht Deine Ehefrau.«
»Nun gut, überlassen wir Gott die Entscheidung«, sagte Bakary, ging und verließ Banjul.

Masannehs Jalibah, der sich mit seiner Kora ebenfalls im Hause von Fatous Familie aufhielt, hatte das Gespräch mit angehört.

In der folgenden Nacht suchte Bakary einen Marabut-Magier auf, um ihn um Hilfe zu bitten. Zusammen faßten sie einen Plan. In der ersten Nacht, nachdem Fatou zu Masanneh gebracht worden sein würde, in ihrer ersten gemeinsamen Nacht in Masannehs Haus in Einten Bolong, sollte Massanneh sterben. Bakary sollte den Marabut informieren, wenn der Zeitpunkt gekommen war und der Zauber ausgeführt werden mußte. Nach wenigen Wochen war es soweit. Fatou war von ihrer Familie zu Masanneh Ceesay gebracht worden. In Binten Bolong wurde gefeiert.

Bakary, als er dies erfuhr, eilte zum Marabut und sagte ihm, daß es nun Zeit für den Zauber wäre. Der Marabut versprach:
»Bevor der Morgen graut, wird Masanneh Ceesay gestorben sein. Wenn Du mir nicht glaubst, kannst du nach Binten Bolong gehen und beobachten, was geschehen wird.«
Bakary folgte dem Vorschlag des Marabut. Er lieh sich ein Boot, Netze und Fischerkleidung. Als Fischer verkleidet ruderte er nach Binten Bolong und warf dort Netze aus. Vom Ufer aus konnte er beobachten, was an Land vor sich ging.

Der Tag in Binten Bolong war fröhlich gewesen. Fatous Ankunft wurde mit einem großen Fest gefeiert. Es wurde gut gegessen und getrunken. Kora- und Balafon-Jalibahs unterhielten die Gäste. Als Fatou feierlich ihrem Mann übergeben worden war und beide in Masannehs Haus gegangen waren, begann Massanneh, sich plötzlich schlecht zu fühlen, so daß er sich aufs Bett legen mußte. Fatou setzte sich zu ihm und bettete seinen Kopf in ihren Schoß. Sie legte ihre Hand auf seine Stirn und streichelte seinen Kopf. Doch ihm ging es immer schlechter. Sie rief ihn bei seinem Namen, doch er antwortete nicht. Fatou holte einen der Jalebahs, einen Balafon-Spieler, zu Hilfe. Doch jede Hilfe kam zu spät. Masanneh Ceesay war tot.

Fatou begann zu schreien und zu weinen, doch der Jalebah sagte: »Sei still und schreie nicht. Die Leute werden es nicht verstehen, wenn Du jetzt weinst. Ich weiß, wie man den Leuten schlechte Nachrichten übermittelt.« Der Jalebah nahm sein Balafon und ging, die Nachricht von Masanneh Ceesays Tod zu verbreiten. Er sang:

Binten Bolong dala Masanneh Ceesay,
Mano be kombola Nkema be laring.
Nying mali balafa nying mali mira,
Binten Bolong dala Masanneh Ceesay.
Neenya tee jungo balela sayala mumay,
Darejo tee jungo balela sayala mumay,
Binten Bolong dala Masanneh Ceesay.
Masanneh Ceesay, der in Binten Bolong lebte.
Seine Witwe weint, weil ihr Ehemann tot ist.
Damit müßt Ihr Mitleid haben, darüber müßt Ihr nachdenken,
über Masanneh Ceesay aus Binten Bolong.
Wie schön Ihr auch seid, wir alle müssen sterben,
Ob wir arm oder reich sind, wir müssen sterben.
Masanneh Ceesay aus Binten Bolong.